Juni 1977, ein achtjähriger Junge wacht in Berlin-Rudow die ganze Nacht über, um ein einziges Spiel der deutschen Fussballnationalmannschaft sehen zu dürfen. Die deutsche Fussballnationalmannschaft ist in Südamerika, Testspiele für die WM 1978. Die Eltern hatten versprochen: «Wenn Du wach bist, darfst Du schauen.» Der Junge beschwor sich beim Einschlafen, dass er um zwei Uhr nachts aufwachen müsse, und er wachte tatsächlich auf, und er durfte das Spiel sehen, gegen Uruguay, 2:0. Sie ahnen es: Ich war der kleine Junge.
Die deutsche Fussballnationalmannschaft war für mich, war für uns, die wir uns nachmittags auf dem Bolzplatz trafen, ein Fixstern: Dieter Müller, Erich Beer – der Herthaner- , Karl-Heinz Flohe, Rummenigge, die Allofs-Brüder, Hansi Müller – der Umstrittene – , Briegel – die Walz aus der Pfalz -, Hrubesch – das Kopfballungeheuer – , Kaltz, Dremmler, Augenthaler und wie sie nicht alle hiessen: Wir kannten sie alle und wir verehrten sie. So wollten wir auch sein.
Natürlich wich diese kindliche Begeisterung einer nüchterneren Betrachtung, aber auch in späteren Jahren, in den glücklichsten Momenten, jubelte der kleine Junge in mir mit unserer deutschen Nationalmannschaft: Ich erinnere mich noch gut: 1996, ich war mittlerweile 27 Jahre alt, Student in Strassburg, kaufte ich mir, obwohl eigentlich ohne ausreichende Geldmittel ausgestattet, einen von diesen riesigen, schweren Fernsehern, die damals üblich waren, 12 kg schwer, den ich mit dem Fahrrad transportierte und unter grossen Mühen in meine Studentenbude im 5. Stock wuchtete. Es sollte sich lohnen, Deutschland wurde Europameister und die französische Sportzeitschrift L’Equipe, die ich natürlich kaufte und lange aufbewahrte, lobte: «Ca, c’est une équipe (das, das ist eine Mannschaft). Das waren Sammer, Eilts, Kuntz, Bierhoff, Möller, Ziege, Köpke …
Ich weiss noch heute ganz genau, wann ich dieses oder jenes Spiel sah, so 2006 – Achtelfinale gegen Schweden – bei Freunden in Kehl, als wir nach dem 2:0-Sieg auf die Strasse traten, um zu feiern, da rannte meine sechsjährige Tochter mit Deutschlandfahne die Strasse hoch und runter und schrie: «Papa! Du hast gewonnen.» Sie wissen sicher auch noch, wo Sie das 7:1 gegen Brasilien gesehen haben oder das 4:1 gegen England, oder?
Heute sind mir die Spiele der «Mannschaft» fast egal geworden, ich weiss nicht einmal, wann sie spielen. Auch vor der Fussball-EM im eigenen Land will sich kein Fussballfieber einstellen, nicht einmal erhöhte Temperatur, nichts, nada, nitschewo.
Und so geht es vielen. Keine Euphorie, keine Deutschland-Fahnen, nirgends.
Was ist passiert?
Ich für meinen Teil kann genau sagen, wann ich das Feuer verloren habe. Es war das Spiel bei der EM in München, 30.6.2021, die Diskussion, darum, ob die Allianz-Arena in Regenbogenfarben getaucht werden solle oder nicht, zum Nachlesen https://www.fr.de/eintracht-frankfurt/em-2021-uefa-entscheidung-regenbogen-allianz-arena-deutschland-ungarn-eintracht-frankfurt-bundesliga-protest-90816355.html. Da hatte der Fussball sich wirklich zum Diener der herrschenden Ideologie gemacht und der DFB und die deutsche Politik entblödeten sich nicht, den Gast, Ungarn, zu brüskieren und zu beleidigen. So etwas tut man nicht, macht man nicht, und dafür braucht es keine 12 Semester Philosophie und Ethik an der Uni Göttingen. Und, obendrein, es war feiger Gratismut. Wenn es gegen die Türkei oder ein anderes islamisches Land gegangen wäre, wo die Rechte von Homosexuellen wirklich mit Füssen getreten werden, niemals hätte der DFB oder die deutsche Politik eine solche Brüskierung auch nur in Erwägung gezogen.
Die peinlichen Dummheiten gingen weiter, Höhepunkt Qatar, «diversity wins» stand auf der Sondermaschine des DFB, die wohlweislich nur bis Kairo und nicht bis Qatar flog. Pustekuchen, political corectness ist der sichere Garant der Niederlage, ich habe mich über das deutsche Vorrunden-Aus ehrlich gefreut. Soweit ist es gekommen.
Fehler kann man machen, aber ein Idiot ist, wer Fehler wiederholt. In dieser Liga spielt der DFB ganz weit vorne. Jetzt soll, so die Aussage, das neue Auswärtsstrikot, eine Mischung aus Telekom-Werbung und Himbeerjoghurt, die «Diversität der deutschen Gesellschaft» repräsentieren. Trotz vernichtender Schmäh-Kritik am Auftreten in Qatar wird festgehalten am Grundsatz: «Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.» Wollt Ihr es nicht begreifen oder könnt Ihr es nicht. Und dass ein bekennender Islamist wie Rüdiger überhaupt berufen wird, ist vor diesem Hintergrund nicht mal mehr ironisch zu erklären.
Ich sehe allerdings auch, dass die Stadien voll sind und das offenbar viele Menschen entweder einverstanden sind oder diese dauernde Politikberieselung ignorieren.
Vielleicht ist doch alles in Ordnung?
Wie sehen Sie das?
Ich, jedenfalls, ich bin draussen. Ich möchte nicht auf Schritt und Tritt mit dem richtigen Denken konfrontiert werden. Nicht im Alltag, und schon gar nicht beim Fussball. Deswegen drücke ich der Schweiz beide Daumen. Eine ganz normale Mannschaft, ohne missionarischen Eifer, nur ihrem Land verpflichtet. Hop Schwyz!
Robert von Radetzky
Bürgerlich-Freiheitlicher-Aufbruch e.V.
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